Manches wie immer. Eines ganz anders. Und viel Nachdenklichkeit
Das Marktplatzgespräch in Sulz innerhalb der Sommertour von Volker Kauder – es hat lange und gute Tradition. Wenn das Wetter mitspielt, ist es draußen, in der Gartenwirtschaft, immer wieder aber verlangte die Witterung, die Veranstaltung ins Innere zu verlegen.
So auch diesmal. Was ganz besonders bedauerlich war.
Denn die Tradition wurde durchbrochen, um Jahr 2017. Volker Kauder war da, natürlich. Aber als Ehrengast war Jens Spahn angekündigt, einer der noch immer Jungen, einer der ganz großen Hoffnungsträger, ein Westfale, der als 37-Jähriger schon seit dem Jahr 2002 dem Deutschen Bundestag angehört. (Und das Rechnen beginnt.)
Jens Spahn, einer der mit klarer Aussprache das sagt, was viele denken. Und der unbeirrt seinen Weg geht.
Nun könnte man vermuten, dass einer wie er, mit seiner Vita und seiner Bekanntheit dafür sorgt, dass das „Lamm“ nicht alle würde aufnehmen können, die den früheren gesundheitspolitischen Sprecher und heutigen Finanzstaatssekretär erleben wollen würden.
Wer mit dabei sein wollte und konnte, an diesem Abend, der so gar nichts Sommerliches an sich hatte, der hat sein Kommen ganz sicher nicht bereut. Im Gegenteil. Jens Spahn live: das war ein Ereignis. Nach der Begrüßung durch Tobias Bronner, der einige Stationen aus dem Leben des in einem kleinen Ort im Westfälischen Geborenen und dort Lebenden auflistete, stellte dieser sich in die Mitte des Raumes, mit seinen ganzen 1,92 Metern, und beschrieb erst einmal, wie gut es uns geht. „Sonst sagt dies ja doch keiner.“
Aber er ging auch auf die Vorgänge vom G20-Gipfel ein, sprach über alle die Verwerfungen, die in dieser Zeit das Leben nicht gerade leichter machen.
Klar und deutlich, doch nicht mit Schaum vor dem Mund. Ganz und gar sachlich, ohne jeden persönlichen Angriff.
Und man fragt sich: Kommen „die Leute“ vielleicht nur dann zu politischen Veranstaltungen, wenn Scharfmachertum die Oberhand hat? Wenn Entgleisungen zu erwarten sind? Das Klima sei politischer geworden, heißt es immer wieder. Doch wenn das so wäre, warum kommen dann die, die gewissermaßen immer da sind, und kaum jemand darüber hinaus?
Was muss man (auf)bieten? Damit mehr CDU-Mitglieder und vor allem auch Gäste?
Die Diskussion nach der Rede von Jens Spahn: sie war geprägt von guten, qualifizierten Fragen, zu Themen, die seinen Fachbereich betreffen als zweiten Mann hinter Wolfgang Schäuble. Und dann kam die Frage nach der „Ehe für alle“. Zwei Meter von ihm entfernt saß Volker Kauder. Beide haben unterschiedlich abgestimmt. Beide haben sie unterschiedliche Meinungen, wie jeder weiß. Spannung lag in der Luft. Was würde Jens Spahn sagen? Diese zehn Minuten, in denen er antwortete, hatten es wahrlich in sich. Sehr ernsthaft, sehr glaubwürdig, authentisch, jeder Satz mit so viel Inhalt und durchdrungen von einer Ehrlichkeit, in der nichts aufgesetzt war. So ging Jens Spahn auf das Thema ein, wobei er den Begriff der „Ehe für alle“ schon mal ganz deutlich ablehnt. Er sprach von der Verantwortung, von der Verlässlichkeit, die in der Entscheidung sieht, die der Deutsche Bundestag getroffen hat. Und auch der Satz schwang nach: „Niemand sucht sich seine sexuelle Orientierung aus.“ Auch hat er dies nicht gemacht, und man spürt: in dem kleinen Ort, in dem er aufgewachsen ist, war dies alles nicht selbstverständlich.
Denkwürdige Minuten. Auch wie er das rot-rot-grüne Vorgehen geißelte. Und wie er damit jedem hörbar für Augen hielt: wenn „sie“ können, wenn r2g eine Mehrheit hat, dann werden sie miteinander regieren.
Sofort und ohne mit der Wimper zu zucken.
Bekanntes, Vertrautes, Nachdenkliches bei der – wievielten ? – Auflage des Marktplatzgesprächs. Und eben Neues. Und eines, das Tobias Bronner zum Staunen brachte: das Büro von Jens Spahn hatte nachgefragt, ob eine live-facebook-Übertragung möglich ist? Der ja noch immer junge Sulzer Stadtverbandsvorsitzende: „Daran habe ich gemerkt, dass ich doch alt werde …“
Sie wurde ermöglicht, die Übertragung per facebook. Hinaus in alle Welt. Das zumindest.
Ein denkwürdiger Abend, an dem niemand unbeeindruckt und ganz verschiedenen Gefühlen nach Hause ging. Marktplatzgespräch 2017.
Ach ja, die Eierfrau war da. Wie seit vielen Jahren. Ohne sie ist dieser Termin undenkbar. Was wäre ohne die Konstanten?